Veräußerung durch Übereignung zur Erfüllung eines Kaufvertrags als Prototyp der rechtsgeschäftlichen Veränderung der Rechtslage >>


Das dynamische Element der Zivilrechtsordnung wird hier exemplarisch dargestellt an dem Vorgang der Veräußerung von beweglichen Sachen als dem praktisch häufigsten Rechtsgeschehen in einer Warenverkehrswirtschaft. Dabei geht es darum, dass Rechtssubjekte miteinander Sachen gegen Geld tauschen. Es stehen sich also gegenüber ein Rechtssubjekt, das Eigentümer einer Sache ist, diese aber gegen Geld einzutauschen wünscht (um mit diesem Geld wieder andere Sachen zu erwerben) und ein anderes Rechtssubjekt, das Eigentümer von Geld ist und mit diesem Geld gerade die Sache des Eigentümers erwerben will. Die beiden Rechtssubjekte wollen also erreichen, dass jeder von ihnen Eigentümer der dem anderen gehörenden Sache wird, und zwar wollen sie dem anderen das Eigentum im Hinblick darauf verschaffen, dass sie selbst Eigentümer der anderen Sache werden. Der Zusammenhang der wechselseitigen Eigentumsübertragungen kann zeitlich sein, indem nämlich beide Eigentumsübertragungen gleichzeitig vorgenommen werden. In einer entwickelten Warenverkehrswirtschaft ist damit aber nicht auszukommen.

Auch ohne zeitliches Zusammenfallen besteht ein rechtlicher Zusammenhang zwischen den wechselseitigen Eigentumsübertragungen, der durch die Vereinbarung von Käufer und Verkäufer hergestellt wird. Von den Eigentumsübertragungen als den wechselseitigen Verfügungen ist also eine weitere Vereinbarung zu unterscheiden, die die beiden Verfügungen zu einem einheitlichen Veräußerungsgeschäft verbindet. Diese Vereinbarung ist der Kaufvertrag. Er enthält die wechselseitigen Verpflichtungen des Käufers und des Verkäufers zur Eigentumsübertragung an Geld und Kaufsache. Auch nach Erfüllung dieser Verpflichtung durch die Verfügungen behält der Kaufvertrag diese Funktion einer rechtlichen Grundlage (eines Rechtsgrundes) für die Verfügungen.

Das wirtschaftlich einheitliche Veräußerungsgeschäft besteht somit rechtlich aus drei Rechtsgeschäften, dem Kaufvertrag und den beiden Übereignungen. In der Realität bilden die drei Rechtsgeschäfte häufig ein einheitliches Geschehen, wie sich am Beispiel des Erwerbs einer Zeitung am Kiosk oder an einem Automaten demonstrieren lässt, bei dem kein Wort gesprochen wird. Auch in solchen Fällen lässt sich rechtlich das Erwerbsgeschäft in diese drei Bestandteile aufgliedern mit dem Kaufvertrag als Grundgeschäft und den darauf basierenden Verfügungen (Eigentumsübertragungen), die rechtlich voneinander getrennt (abstrakt) sind.

Zusammenfassend lässt sich die Veräußerung beweglicher Sachen als eine Kombination von Verpflichtungsgeschäft und zwei Verfügungen darstellen. Durch die Verpflichtungen entstehen Schuldverhältnisse, also relative Rechte, während Verfügungen solche Rechtsgeschäfte sind, durch die über bestehende Rechte disponiert wird, wobei Gegenstand der Verfügung nicht nur ein absolutes Recht, sondern auch ein relatives Recht sein kann.


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(Wirtschafts)Privatrecht im Überblick




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