Praktische Bedeutung der Unterscheidung (Rechtsweg, qualitative Anforderungen der Rechtsanwendung) >>


Die praktische Bedeutung der Unterscheidung ergibt sich einmal aus der Gerichtsorganisation der Bundesrepublik Deutschland. Gemäß Art. 92 ff GG ist die Rechtsprechung den Richtern der verschiedenen Gerichtsbarkeiten anvertraut. Durch das GG ist die Aufspaltung der Gerichtsbarkeit in einzelne Zweige vorgegeben. Neben der Verfassungsgerichtsbarkeit unterscheidet das GG noch zwischen der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit umfasst, der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz-, Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit. Auch hat der Gesetzgeber von der grundgesetzlichen Ermächtigung zur Errichtung des Bundespatentgericht für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes und des Bundesdisziplinargerichts Gebrauch gemacht.

Welche Gerichte für die Entscheidung eines Rechtsstreits zuständig sind, ergibt sich aus den einschlägigen Rechtswegregelungen (§§ 13 ff GVG, §§ 1 ff VwGO, §§ 1 ff FGO, §§ 40 ff ArbGG, §§ 38 ff SGG). Danach ist maßgebend, welche Rechtssätze für die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits anzuwenden sind. Das heißt, daß es darauf ankommt, ob die jeweils maßgebliche Regelung dem öffentlichen oder dem privaten Recht zuzuordnen ist. Die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht wird damit für die Entscheidung über den Rechtsweg bedeutsam.

Außer für Rechtswegfragen ist die Abgrenzug des öffentlichen vom privaten Recht aber auch relevant für die Bemessung des Entscheidungsspielraums des Richters bei der Rechtsanwendung. Tendenziell ist der Richter bei der Anwendung privatrechtlicher Normen freier gestellt als bei der richterlichen Überprüfung von (insbesondere belastenden) Maßnahmen des Staates gegenüber dem Bürger, für die der sog. Vorbehalt des Gesetzes gilt. So konnten die Zivilgerichte jemandem eine bis zur Schuldrechtsreform 2002 gesetzlich nicht vorgesehene Schadensersatzpflicht wegen schuldhafter Schädigung des Vermögens eines anderen anlässlich von Vertragsverhandlungen auferlegen. Dagegen ist der Richter nicht befugt, eine ohne gesetzliche Grundlage von einer Finanzbehörde auferlegte Steuer zu sanktionieren, mögen noch so gute Gründe für die Steuer sprechen.


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