Zivilprozess- und ZwangsvollstreckungsrechtDie Unterscheidung zwischen materiellem und formellem Recht bzw. Verfahrensrecht knüpft unmittelbar an den hier zugrunde gelegten Rechtsbegriff an. Wenn Recht bedeutet, dass die Norm notfalls mit Hilfe von staatlicher Gewalt durchsetzbar ist, dann muss die Rechtsordnung auch Regeln für den Einsatz der staatlichen Gewalt zur Verwirklichung der privaten Rechte vorhalten. Die Summe solcher Regeln, die ihrerseits wiederum Recht darstellen, da sie ebenfalls sanktionsbewehrt sind, wird in dem Begriff des formellen Rechts bzw. des Verfahrensrechts zusammengefasst. Demgemäß gehören zum formellen Recht in diesem Sinne das Zivilprozessrecht, das Zwangsvollstreckungsrecht und das Recht der Gesamtvollstreckung. Die maßgebenden Gesetze sind vor allem die ZPO, das ZwangsversteigerungsG und die Insolvenzordnung. Freiwillige GerichtsbarkeitZum formellen Recht wird auch das Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerechnet; es ist im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) kodifiziert. Es wird gemeinhin zum Verfahrensrecht gezählt, spielt aber in mehrfacher Hinsicht eine besondere Rolle. Obwohl die freiwillige Gerichtsbarkeit - wie schon der Name sagt - den Gerichten anvertraut ist, gehört sie doch nicht zur rechtsprechenden Gewalt, der Judikative. Sachlich stellt sie vielmehr eine Verwaltungsfunktion dar, die den Gerichten anvertraut ist, eben durch das FamFG. Die Bezeichnung als freiwillige Gerichtsbarkeit erklärt sich so, dass es sich um Staatsfunktionen handelt, die einerseits von den Organen der dritten Gewalt, der Gerichtsbarkeit, wahrgenommen werden, die aber andererseits nicht zum sonstigen Aufgabenbereich der Gerichtsbarkeit, der Streitentscheidung, gehören. Als Judikative ist die Gerichtsbarkeit eine streitige, als Exekutive ist sie eine "freiwillige". Freiwillig ist hier der Gegenbegriff zu streitig. Der Begriff ist nicht so zu verstehen, dass dieser Teil der Gerichtsbarkeit nicht mit Zwangsmitteln arbeitet. Im Gegenteil ist gerade die freiwillige Gerichtsbarkeit mit ihren Zuständigkeiten im Bereich der Vormundschaft und Betreuung eine den Betroffenen besonders belastende Gerichtsbarkeit, die auch ohne Zustimmung ("Freiwilligkeit") des Betroffenen agiert. "Privatisierung" des Bereichs der Rechtsverfolgung durch Schlichtungsstellen, Ombudsleute und MediatorenEine gewisse Tendenz der Privatisierung im Sinne von Zurückdrängen der staatlichen Zuständigkeit durch alternative private Einrichtungen lässt sich auch auf dem Gebiet der Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung feststellen. Neben die zwangsweise Durchsetzung von Rechten unter Inanspruchnahme von staatlicher Gewalt tritt zunehmend die außergerichtliche Regelung von Rechtsstreitigkeiten durch Anrufung von Ombudsleuten und Mediatoren. Stellen für Ombudsmänner und -frauen werden von Wirtschaftsorganisationen und -verbänden vorgesehen und eingerichtet. Ihre Rechtsstellung wird demgemäß von deren Initiatoren bestimmt. Vor allem im Wirtschaftsbereich der Finanzdienstleistungen haben sich Ombudsleute bewährt. Aber auch die regionalen Ärzte- und Rechtsanwaltskammern haben für Rechtsstreitigkeiten ihrer Mitglieder Schlichtungsstellen mit Regelwerken für deren Arbeitsweise eingerichtet. Für die Mediation existiert eine Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen - Mediationsrichtlinie der EU. Dort finden sich in Artikel 3 vor allem Begriffsbestimmungen „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck a) ‚Mediation’ ein strukturiertes Verfahren unabhängig von seiner Bezeichnung, in dem zwei oder mehr Streitparteien mit Hilfe eines Mediators auf freiwilliger Basis selbst versuchen, eine Vereinbarung über die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu erzielen. Dieses Verfahren kann von den Parteien eingeleitet oder von einem Gericht vorgeschlagen oder angeordnet werden oder nach dem Recht eines Mitgliedstaats vorgeschrieben sein. Es schließt die Mediation durch einen Richter ein, der nicht für ein Gerichtsverfahren in der betreffenden Streitsache zuständig ist. Nicht eingeschlossen sind Bemühungen zur Streitbeilegung des angerufenen Gerichts oder Richters während des Gerichtsverfahrens über die betreffende Streitsache; b) ‚Mediator’ eine dritte Person, die ersucht wird, eine Mediation auf wirksame, unparteiische und sachkundige Weise durchzuführen, unabhängig von ihrer Bezeichnung oder ihrem Beruf in dem betreffenden Mitgliedstaat und der Art und Weise, in der sie für die Durchführung der Mediation benannt oder mit dieser betraut wurde.“Eine gesetzliche Regelung der Mediation in der Bundesrepublik Deutschland durch ein Mediationsgesetz wird vorbereitet. |