Rechtswirkungen der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit der Leistung des Schuldners >>


Bereits das Römische Recht kannte den Satz: "impossibilium nulla est obligatio". Diese alte Rechtsregel wird in § 275 Abs. 1 BGB fortgeführt, indem es dort lapidar heißt, dass der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen ist, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Die Formulierung "für den Schuldner oder für jedermann" führt die Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unmöglichkeit fort.

Dagegen wird nicht mehr zwischen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit unterschieden. § 275 Abs. 1 BGB lässt die Leistungspflicht des Schuldners entfallen, wenn ihm die Leistung unmöglich ist und erweitert diese Regelung in § 275 Abs. 2,3 BGB auf andere Fälle, die früher unter den Gesichtspunkten wirtschaftliche Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit diskutiert wurden. Allerdings lassen die wirtschaftliche Unmöglichkeit i. S. d. § 275 Abs. 2 BGB und die Unzumutbarkeit der Leistung i. S. d. § 275 Abs. 3 BGB die Leistungspflicht des Schuldner nicht ipso iure entfallen, sondern begründen für ihn lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht.

Die Unmöglichkeit der Leistung des Schuldners führt gem. § 275 BGB zum Wegfall der Leistungspflicht des Schuldners, wobei es nur auf das Unvermögen des Schuldners ankommt. Die Abgrenzung von objektiver und nur subjektiver Unmöglichkeit ist entgegen dem Wortlaut des § 275 BGB hinfällig geworden. Ist die Leistung für jedermann unmöglich geworden, ist sie es auch für den Schuldner, sodass die Formulierung des § 275 Abs. 1 BGB insofern redundant ist.

§ 275 Abs. 1 BGB lässt dagegen wegen Unmöglichkeit der Leistung nicht mehr das Schuldverhältnis erlöschen; der Schuldner wird lediglich von der Verpflichtung zur Leistung frei. Das Schuldverhältnis als solches bleibt bestehen. Die sich aus der Leistungsunmöglichkeit ergebenden Konsequenzen sind anderen Orts, nämlich in §§ 280 Abs. 3,283,326 BGB geregelt. Der Bestand des Schuldverhältnisses bleibt nach der Neuregelung 2002 von der Unmöglichkeit unberührt. Das gilt - nach alter Terminologie - nicht nur für die nachträgliche, sondern auch für die ursprüngliche Unmöglichkeit. Während § 306 BGB a. F. einen Vertrag wegen anfänglicher Unmöglichkeit für nichtig erklärte, wirkt sich nach geltendem Recht die ursprüngliche Unmöglichkeit nicht mehr auf die Wirksamkeit des Vertrags aus. Der Vertrag bleibt als Rechtsgeschäft gültig; lediglich die Pflicht zur unmöglichen oder unzumutbaren Leistung entfällt. Im Hinblick auf die frühere Rechtslage hat der BGB-Gesetzgeber in § 311a Abs. 1 BGB ausdrücklich bestimmt, dass die "ursprüngliche Unmöglichkeit" die Wirksamkeit des Vertrags nicht beeinträchtigt.

Damit hat der Gesetzgeber auch die früher streitige Frage entschieden, welche Rechtsfolgen denn im Falle des ursprünglichen Unvermögens eintreten. Da nur der Erfüllungsanspruch gemäß § 275 BGB erlischt, im übrigen aber der Vertrag als Basis für Ersatzansprüche erhalten bleibt, konnte das Gesetz gem. § 311a Abs. 2 S. 1 BGB wie in §§ 280 Abs.1,283,284 BGB einheitlich Schadensersatz- oder nach Wahl des Gläubigers Aufwendungsersatzansprüche wegen Unmöglichkeit vorsehen. Ungeachtet dessen, ob die Unmöglichkeit der Leistung schon bei Vertragsschluss bestand oder erst später eingetreten ist, hat der Gläubiger solche Ansprüche. Allerdings befreit § 311a Abs. 2 S. 2 BGB den Schuldner, der von dem bereits vorhandenen Leistungshindernis bei Vertragsschluss nichts weiß und diese Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat, von der Schadensersatzpflicht.

Streitig war unter dem früheren Recht, ob der Anspruch des Gläubigers von einem Verschulden des Schuldners abhängig ist. Nach h. L. haftete der Schuldner für sein ursprüngliches Unvermögen verschuldensunabhängig, also in Form der Garantiehaftung. Das sollte selbst im Falle der Schenkung gelten. So lautete jedenfalls die Rechtsprechung des BGH: Der Schenker hatte dem Beschenkten formwirksam einen Bruchteilsanteil an einem Grundstück versprochen, hinsichtlich dessen er "nur" gesamthandberechtigt war. Nach Ansicht des BGH ist in einem solchen Fall jedoch zu erwägen, ob nicht eine ergänzende Vertragsauslegung eine Beschränkung der Haftung des Schenkers dahingehend ergibt, dass der Schenker zu ihm nicht möglichen Leistungen nicht verpflichtet ist.

Da § 276 BGB in seiner neuen Fassung das Vertretenmüssen ausdrücklich erweitert auf die Fälle der Übernahme einer Garantie und des Beschaffungsrisikos, behalten die Überlegungen des BGH ihre Bedeutung, wonach es für die Schuldnerhaftung darauf ankommt, ob die Auslegung des die Haftung begründenden Vertrags ergibt, dass die Parteien eine Garantiehaftung haben begründen wollen. Auch unter dem geltenden Recht bleibt der Rechtspraxis also das Problem der Schuldnerhaftung für anfängliches Unvermögen erhalten, nunmehr als Problem der Vertragsauslegung. Auf diesem Gebiet hat sich somit weniger geändert, als es auf dem ersten Blick scheint. Durch die Schuldrechtsreform sind lediglich viele erst durch ergänzende Auslegung gewonnene Ergebnisse in das BGB übernommen worden. Die Garantiehaftung für anfängliche subjektive Unmöglichkeit, die nach früherem Recht lediglich für den Forderungskauf gelten sollte, wird nunmehr auf die Auslegung des Vertrags gestützt, die jetzt nach § 276 BGB n. F. dafür maßgebend ist, was der Schuldner zu vertreten hat.

Die Rechtspraxis hat das früher bereits ähnlich gehandhabt: So sollte die Regelung des § 437 BGB a. F. (Haftung des Forderungsverkäufers für das Bestehen der verkauften Forderung) dann nicht gelten, "wenn das verkaufte Recht aus rechtlichen Gründen nicht entstehen oder bestehen kann". Das wurde etwa dann angenommen, wenn Gesellschafter einer juristischen Person ihre - ja gar nicht bestehenden - Anteile an Rechten der juristischen Person verkaufen (vgl. z. B. OLG Saarbrücken ZIP 1999, 2054, 2055).


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