<< Analogie und Umkehrschluss


Neben der erläuternden Auslegung, mit deren Hilfe der Sinn einer konkreten Rechtsnorm ermittelt wird, muss der Rechtsanwender auch die Frage beantworten, ob in einem bestimmten Fall nicht eine für einen anderen Fall aufgestellte Norm zu gelten hat, weil dieser Fall so ähnlich gelagert ist, wie der gesetzlich ausdrücklich geregelte, dass es ungerecht wäre, diese Regel in diesem Fall nicht gelten zu lassen. Es geht hier also um die analoge Anwendung von Rechtsnormen über deren Wortlaut hinaus auf rechtsähnliche Fälle. Rechtsähnlich in diesem Sinne bedeutet, dass unter dem Blickwinkel der Rechtsnorm die Fälle vergleichbar sein müssen.

Dabei darf der Rechtsanwender sich nicht an die Stelle des Gesetzgebers setzen. Es ist dessen Sache, den Anwendungsbereich der Norm einzugrenzen. Diese Entscheidung des Gesetzgebers darf vom Rechtsanwender nicht mit dem Instrument der Analogie unterlaufen werden. Wenn der Gesetzgeber die Entscheidung getroffen hat, in einem ähnlichen Fall die Norm nicht gelten zu lassen, so ist diese Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren schon nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung zwischen Legislative und Judikative. Insofern konkurriert mit der Analogie immer der Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber durch Unterlassen einer entsprechenden Regelung für einen nach Auffassung des Rechtsanwenders ähnlich gelagerten Fall für eben diesen Fall die Regelung nicht in Geltung setzen wollte.

Der Konflikt zwischen Analogie und Umkehrschluss ist dahingehend aufzulösen, dass eine analoge Anwendung von Rechtsnormen auf ähnlich gelagerte Fälle nur dann in Betracht kommt, wenn Ergebnis der Auslegung der Vorschrift ist, dass der Gesetzgeber nicht bewusst eine Beschränkung auf den ausdrücklich geregelten Fall vorgenommen hat, sondern dass er bei seiner Regelung den ähnlichen Fall übersehen hat. Die analoge Anwendung einer Rechtsvorschrift auf einen nicht ausdrücklich geregelten Fall setzt also die wertende Feststellung voraus, dass der Gesetzgeber die Regelung auf diesen Fall erstreckt hätte, wenn er ihn nur bedacht hätte. In diesem Sinne ist Voraussetzung der Analogie die Feststellung einer Regelungslücke im Gesetz.


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