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Rechtsgeschäft und Vertrag als genuiner Gegenstand des Allgemeinen Teils des BGB
Die privatrechtlichen Regelungen betreffend die Rechtsgeschäfte
sind für alle Gebiete des Bürgerlichen Rechts maßgebend.
Sie finden sich demgemäß im Allgemeinen Teil des BGB (AT). Sie stellen
den Kernbereich des Allgemeinen Teils dar, im Vergleich zu dem die Bedeutung der übrigen
Abschnitte des AT verblasst. Es handelt sich um den 3. Abschnitt des AT,
die §§ 104 -185 BGB. Aus ihm lassen sich der Begriff des Rechtsgeschäfts,
die Begriffsmerkmale der Willenserklärungen und die Anforderungen
an das Zustandekommen der Verträge ablesen. Die §§ 104 -185 sind somit die Basis eines Privatrechts, das den Vertrag zu seiner
zentralen Institution gemacht hat.
Der zunächst als rechtserhebliche Einigung
definierte Vertrag als die im Zentrum des Privatrechts stehende Rechtsfigur,
bedarf einer eingehenderen Analyse. Die Einigung der Vertragspartner lässt
sich auflösen in einzelne Einigungshandlungen.
Die Einigungshandlung einer Vertragspartei ist eine Willenserklärung
im Sinne der §§ 116 ff. BGB , also eine rechtserhebliche, willensgetragene
Äußerung eines Rechtssubjekts. Nicht jede rechtserhebliche Erklärung
ist jedoch eine Willenserklärung, sondern nur solche, die Rechtsfolgen
in der Weise bewirkt, dass die Rechtsfolgen einer Willenserklärung
deshalb eintreten, weil sie gewollt sind. Die Willenserklärung unterscheidet
sich von anderen willensgetragenen rechtserheblichen Handlungen dadurch,
dass die Herbeiführung von Rechtsfolgen Zweck und Inhalt der Willenserklärung
ist, die Willenserklärung also in diesem Sinne auf die Herbeiführung
von Rechtsfolgen gerichtet ist.
Rechtsgeschäft und Realhandlung
Eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist daher
selbst dann keine Willenserklärung, wenn der Täter damit den
Zweck verfolgt, einen Schadensersatzanspruch gegen sich auszulösen
(z.B.: A will dem B einen Gefallen tun und rammt absichtlich mit seinem
PKW den Wagen des B, damit dieser in den Genuss von Versicherungsleistungen
kommt). Eine solche Handlung hat nach ihrem Erklärungsgehalt nicht
den objektiven Sinn, dass durch sie bestimmte Rechtsfolgen eintreten sollen.
Dass reale Handlungen (z.B. Übergabe von Sachen, unerlaubte Handlungen)
Rechtsfolgen auslösen, macht sie selbst dann nicht zu Willenserklärungen,
wenn solche Rechtsfolgen beabsichtigt sind.
Es besteht somit ein grundlegender Unterschied zwischen Willenserklärungen
und Verträgen einerseits und Realhandlungen andererseits, wobei es
allerdings einige Realhandlungen gibt, bei denen die Nähe zur Willenserklärung
so groß ist, dass sie als rechtsgeschäftsähnliche Handlungen
den Regelungen über Willenserklärungen unterstellt werden (z.
B. Mahnung gem. § 286 BGB ). Es handelt sich dabei um Erklärungen,
bei denen typischerweise die Absicht der Herbeiführung von Rechtsfolgen
so im Vordergrund steht, auch wenn der Inhalt der Erklärung nicht
unmittelbar darauf gerichtet ist, dass eine Behandlung der Erklärung
nach den gleichen Regeln wie für "echte" Willenserklärungen geboten ist.
Einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte
Rechtsgeschäft ist demgemäß eine privatautonome Rechtsetzung
durch mindestens eine Willenserklärung. Treten die Rechtsfolgen schon
wegen einer einzelnen Willenserklärung ein (wie z.B. bei Rücktritt vom
Vertrag), handelt es sich um einseitige Rechtsgeschäfte. Macht das
Gesetz den Eintritt der Rechtsfolge dagegen von übereinstimmenden
Willenserklärungen mehrerer abhängig (z.B. Vertrag gemäß
§ 311 Abs.1 BGB ), geht es um Verträge, die sich also als zweiseitige
oder mehrseitige Rechtsgeschäfte darstellen. Um überhaupt kein
Rechtsgeschäft handelt es sich bei einer willensgetragenen Handlung,
bei der die Rechtsfolgen nicht deshalb eintreten, weil sie gewollt sind.
Ist diese Handlung rechtserheblich, heißt sie wohl auch Realhandlung.
In diesem Sinne sind Realhandlung und Willenserklärung Gegenbegriffe.
Daraus folgt eine Einteilung für rechtserhebliches Verhalten dahingehend:
Die rechtserheblichen Handlungen können Realhandlungen und Rechtsgeschäfte
sein, die Rechtsgeschäfte sind wiederum in einseitige Rechtsgeschäfte
und mehrseitige Rechtsgeschäfte unterteilt. Von den mehrseitigen Rechtsgeschäften
sind die theoretisch und praktisch bedeutsamsten die Verträge.
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